Große Chancen für die Allerkleinsten

Perinatalzentrum Nordfranken mit Klinikum Bayreuth überdurchschnittlich gut

Eineinhalb Jahre ist es her, dass sich die Kinderklinik und die Geburtshilfe des Klinikums Bayreuth mit denen der Kliniken in Bamberg und Schweinfurt zusammengetan haben, um die Versorgung von extrem früh geborenen Babys in der Region zu sichern. Eine bundesweit einmalige Kooperation. Nun wurde das so entstandene Perinatalzentrum Nordfranken überprüft - und schnitt bei der Beurteilung durch die Expertenkommission überdurchschnittlich gut ab. Für extrem kleine Neugeborene aus der Region heißt das: erstklassige Versorgung und höhere Lebenschancen - und das heimatnah.

 

Sie sind noch viel zu klein und viel zu leicht, die Organe - vor allem die Lunge - sind noch zu schwach und unreif, um den Start ins Leben alleine zu schaffen. Extrem kleine Frühgeborene wiegen oft nicht einmal die Hälfte eines gesunden Neugeborenen. Alleine in Bayern kamen im vergangenen Jahr 757 Babys mit einem Gewicht von unter 1250 Gramm zur Welt. Vor 25 Jahren hätte keines von ihnen eine Chance gehabt. Doch dank moderner Medizintechnik und hervorragender ärztlicher Versorgung liegen die Überlebenschancen eines Frühgeborenen bei Vollendung der 24. von 40 Schwangerschaftswochen heute bei 60 Prozent.
Für die bestmögliche medizinische Versorgung von Mutter und Kind arbeiten am Klinikum Bayreuth die Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe unter der Leitung von Chefarzt Prof. Dr. Agustinus Tulusan, sowie die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin mit deren Chefarzt Prof. Dr. Thomas Rupprecht, eng zusammen. Sie behandeln jährlich rund 15 Kinder, die extrem früh zur Welt gekommen sind und eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung durch Experten benötigen. Eine Aufgabe, die nicht nur an die Ausstattung der Klinik, sondern auch an die Ausbildung und Erfahrung der Ärzte und betreuenden Pflegekräfte enorme Anforderungen stellt.
Aus diesem Grund sollten zu Jahresbeginn 2011 neue Richtlinien für die Behandlung von Frühgeborenen in Kraft treten. Die Kompetenzen sollten in Kliniken gebündelt werden, die jährlich mehr als 30 extrem kleine Neugeborene betreuen. In der Region können diese Zahl aber nur die Universitätskliniken vorweisen.
Für die Eltern der Kleinsten hätte das bedeutet, dass ihr Kind mehr als 100 Kilometer von Zuhause entfernt in einer Klinik gelegen hätte - eine Entfernung, die es den Eltern kaum ermöglicht, über einen Zeitraum von mehreren Monaten umfassend für ihr Kind da zu sein, das doch die Fürsorge der Eltern so dringend braucht.
Die Idee, Kompetenzen zu bündeln, haben die Klinikum Bayreuth GmbH und die Kliniken in Schweinfurt und Bamberg aufgegriffen. Allerdings wollten sie die Versorgung der Frühgeborenen in der Region halten und haben daher das Perinatalzentrum Nordfranken gegründet. Durch einen permanenten Erfahrungsaustausch, gemeinsame Weiterbildungen, Rotationsprogramme für Ärzte und Pflegepersonal sowie Besprechungen von Problemfällen profitieren alle Kliniken und bauen den Qualitätsstandard kontinuierlich aus. Im Notfall werden nicht nur Erfahrungen, sondern auch Personal und Medizintechnik ausgetauscht. Die dezentrale Struktur des Perinatalzentrums Nordfranken bietet bei Infektionen mit multiresistenten Keimen Vorteile. Diese können leichter erkannt und beherrscht werden, da es sich um kleinere Einheiten handelt.

Überdurchschnittlich gute Versorgung

Im Auftrag des Gesundheitsministeriums wurden nun die drei Kliniken Bayreuth, Bamberg und Schweinfurt von Experten umfassend überprüft - und schnitten nicht nur im Bayern-, sondern auch im Bundesvergleich überdurchschnittlich gut ab. Das Perinatalzentrum Nordfranken ist damit das erste Verbund-Perinatalzentrum, das in das Fachprogramm „Stationäre Versorgung von Risiko-Neugeborenen in Bayern" aufgenommen wurde. „Der Freistaat sichert eine wohnortnahe, menschliche und moderne Medizin in ganz Bayern. Dieses klare Bekenntnis für die Regionen sichert eine hohe Lebensqualität", sagte Gesundheitsstaatssekretärin Melanie Huml dazu in der Sitzung des Krankenhausplanungsausschusses.
Dass die jüngsten Patienten weiterhin auch am Klinikum Bayreuth auf höchstem Niveau betreut werden können, freut auch Oberbürgermeister Dr. Michael Hohl: „Die Klinikum Bayreuth GmbH ist als einziges Krankenhaus der Maximalversorgung in Oberfranken das Flaggschiff des Gesundheitsstandortes Bayreuth. Ich freue mich, dass es nun auch weiterhin in der Behandlung von extrem früh geborenen Babys eine Leuchtturmfunktion einnimmt."

Hintergrund Perinatalzentrum

Entbindungsstationen werden nach dem Grad ihrer Spezialisierung in drei Kategorien eingeteilt: Kliniken mit einfacher Geburtshilfe, Kliniken mit neonatalem Schwerpunkt und Perinatalzentren. Perinatalzentren sind hoch spezialisierte Geburtskliniken, die auf die Behandlung von Frühgeborenen und lebensbedrohlich kranken Babys ausgerichtet sind.
Die Schwerpunkte eines Perinatalzentrums sind die Geburtshilfe und die Neonatologie, die Lehre von Neugeborenen, seinen Erkrankungen, ihrer Diagnostik und Behandlung. Dies beinhaltet die Überwachung, Diagnostik und Therapie bei Mutter und Kind während der Schwangerschaft, während und nach der Geburt. Im Klinikum Bayreuth stehen den werdenden Eltern schon vor der Geburt Kinderärzte, Neonatologen, Kinderchirurgen und Humangenetiker beratend zur Seite und den Neu- und Frühgeborenen sofort nach der Geburt zur Verfügung.

Hintergrund Frühchen

Als Frühchen werden Kinder bezeichnet, die vor Vollendung der 37. von 40 Schwangerschaftswochen geboren werden.
Von extremen Frühgeborenen spricht man, wenn die Babys vor der 37. Schwangerschaftswoche auf die Welt kommen. Sie wiegen meist weniger als 1250 Gramm. Heute gilt die Vollendung der 23. Schwangerschaftswoche als notwendige Bedingung für das Überleben eines Neugeborenen, in Ausnahmefällen sind Kinder aber noch eher zur Welt gekommen.

In Deutschland kommen jährlich ungefähr 60.000 Kinder zu früh zur Welt, das bedeutet, jedes 10. Neugeborene ist ein Frühgeborenes. Damit sind Frühgeborene die größte Kinderpatientengruppe in Deutschland. Risiken und Probleme für die Weiterentwicklung dieser Kinder werden dennoch nicht im entsprechenden Maße wahrgenommen.
Gesundheitliche Probleme, die bei Frühgeborenen auftreten können, reichen von Sauerstoffmangel durch eine unreife Lunge über Störungen der Nierenfunktion, des Blutkreislaufs oder Darmfunktion bis hin zu Hirnblutungen.
Im Klinikum Bayreuth werden seit 1988 über 150 Frühchen im Jahr versorgt. Die Frühgeborenen werden zwischen wenigen Tagen bis hin zu mehreren Monaten im Perinatalzentrum von Experten gepflegt und behandelt.

Zurück
bild_1323085571.jpg