Abschied nach 18 Jahren als Chefarzt

Nach 18 Jahren als Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe am Klinikum Bayreuth beginnt für Prof. Dr. Agustinus Tulusan ein neuer Abschnitt: Der Top-Mediziner mit internationalem Ruf feiert am 24. Oktober seinen offiziellen Abschied.

1963 steht Agustinus Tulusan in Jakarta, in der Hand ein Abiturzeugnis - das beste des Jahres - und ein Auslandsstipendium in der Tasche. Sein Ziel: Im Ausland studieren.
Doch sein Vater ist gerade selbst im Ausland. Tulusan, als Ältester von drei Kindern am 21. Juli 1945 geboren, muss sich um die Familie kümmern. Eher nebenbei begann er daher mit dem Medizinstudium in Jakarta. Doch der Traum vom Ausland blieb.
Als sein Vater zur Familie zurückkehrte, nahm er seine Pläne wieder auf. Durch einen Pfarrer aus Nürnberg, der die katholische Studentenverbindung betreute, der Tulusan an der Universität von Jakarta beigetreten war, kam der 21-jährige Student darauf, an die Friedrich-Alexander-Universität Nürnberg-Erlangen zu wechseln. Deutsch hatte Tulusan bereits an der Universität in Jakarta gelernt - ein Pflichtfach für angehende Mediziner. Außerdem spricht Tulusan neben den Muttersprachen Indonesisch und Niederländisch - Indonesien ist ehemalige niederländische Kronkolonie - Chinesisch und Englisch.

Nach sechs Jahren Studium in Erlangen absolvierte er 1972 das medizinische Staatsexamen mit „sehr gut" und erweiterte dieses um die Zulassung als Arzt in Amerika bei der Educational Commission for Foreign Medical Graduates (ECFMG Examens).
Mit dem Abschluss wollte der junge Arzt Pathologe werden, doch dann lernte er seine Frau kennen - und deren Chef: Prof. Karl-Günther Ober, Chefarzt der Frauenklinik Erlangen. Diese Begegnung veränderte seine Sichtweise. Der Mediziner beeindruckte den jungen Tulusan nicht nur durch sein enormes fachliches Können, sondern auch durch seine umfassenden Literaturkenntnisse und seine Allgemeinbildung. Diesen Mann machte er sich zum Vorbild und geht in die Frauenheilkunde.
Sein Streben, die Dinge so gut zu verstehen, dass andere davon profitieren können, lässt Tulusan vom wissenschaftlichen Assistenten erst zum Facharzt für Frauenheilkunde, dann zum Oberarzt und schließlich zum stellvertretenden Klinikdirektor an der Universitätsfrauenklinik in Erlangen und Professor auf Lebenszeit werden.

Wir behandeln eine Frau

Mit 48 Jahren wechselte der ambitionierte Mediziner Prof. Dr. Agustinus Tulusan, dem es vor allem die Krebsforschung angetan hatte, als Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe an das Klinikum Bayreuth - und machte Sie zu einer der Besten.
Seine Philosophie: Wir behandeln nicht nur den Krebs, sondern eine Frau. „Frauen müssen verstehen, was mit ihnen geschieht. Nur so können sie kämpfen", sagt Tulusan. Der Chefarzt baute am Klinikum Bayreuth eine Struktur für Frauen mit Brustkrebs auf, die ihresgleichen sucht. Er veranstaltete jährliche internationale Symposien, um einen fachlichen Austausch der neuesten Erkenntnisse zu gewährleisten. Seiner Initiative ist es zu verdanken, dass die Behandlung von Brustkrebs hier führend ist. Seit 2005 ist das Brustzentrum am Klinikum Bayreuth zertifiziert und zwei weitere Male Re-zertifiziert. Im Februar diesen Jahres wurde es vom Magazin „Guter Rat Medizin" als eines der besten deutschen Brustzentren, onkologischen und uro-gynäkologischen Zentren ausgezeichnet. Eines der Top-fünf Brustzentren in Deutschland urteilen die Zeitschriften „Bild der Frau" (2010) und „Hörzu" (2009). Tulusan selbst war einer der ersten Mediziner in Deutschland, der brusterhaltende Operationen durchgeführt hat. „FOCUS-Spezial" zählt ihn regelmäßig zu den besten Medizinern in der Belandung von Brustkrebs - zuletzt 2011.
Darüber hinaus hat er 2007 den Verein Senocura ins Leben gerufen, für den er sich in seiner Freizeit immer noch stark engagiert. Hier finden Frauen, die an Brustkrebs erkrankt sind, Hilfe, Rat und Hoffnung bei Frauen, die selbst erkrankt waren und die Krankheit besiegt haben.
Dieses Konzept ist erfolgreich: rund 90 Prozent von rund 2.000 Frauen, die Tulusan im Laufe seiner Karriere am Klinikum Bayreuth behandelt hat, haben es geschafft. Sie leben. Damit liegt das Brustzentrum am Klinikum Bayreuth in den Behandlungsergebnissen rund 20 Prozent über anderen fränkischen Zentren.
In seinen 18 Jahren am Klinikum Bayreuth hat der Chefarzt mehr als 20.000 Geburten miterlebt, über 1.500 Operationen geleitet und war nicht nur an der Gründung und Zertifizierung des Brustzentrums, sondern auch an der Vorarbeit zur Zertifizierung des Perinatalzentrums maßgeblich beteiligt.
Nun schlägt er ein neues Kapitel auf. „Wir danken Prof. Tulusan für sein unermüdliches Streben zum Wohle seiner Patientinnen und wünschen ihm für die Zukunft das Beste", sagt Roland Ranftl. Geschäftsführer der Klinikum Bayreuth GmbH.
Für Frauen mit Brustkrebs wird Agustinus Tulusan sich weiter engagieren - im Verein SenoCura, über dem er auch dem Klinikum Bayreuth eng verbunden bleiben wird. Denn auch wenn der Beruf endet, die Berufung bleibt.