Ärztliche Direktorin sieht neuen Klinik-Atlas kritisch

Erstellt von Frank Schmälzle, Leiter Unternehmenskommunikation |

Der seit wenigen Tagen im Internet verfügbare Bundes-Klinik-Atlas sollte für bessere Patienteninformation und mehr Transparenz unter den Krankenhäusern sorgen. In seiner jetzigen Form erfüllt er diese Ansprüche nicht. Warum - das verdeutlicht die Ärztliche Direktorin der Klinikum Bayreuth GmbH, Prof. Dr. Astrid Weyerbrock, in diesem Interview.

 

Frau Prof. Weyerbrock, was sind Ihre Kritikpunkte an dem neuen Bundes-Klinik-Atlas?

Prof. Weyerbrock: Es sind im Wesentlichen drei Aspekte. Erstens baut der Klinik-Atlas auf Zahlen und Informationen aus dem Jahr 2022 auf. Damit ist es von vornherein ausgeschlossen, dass der Atlas  einen Überblick über die aktuellen Gegebenheiten liefern und einen aussagekräftigen Vergleich möglich machen könnte. Nur ein Beispiel: Glaubt man dem Atlas, hält die Klinikum Bayreuth GmbH  bei der Notfallversorgung die Stufe 2 – Erweitere Notfallversorgung vor. Tatsächlich gehört unser Haus in die höhere Kategorie der umfassenden Notfallversorgung. Das ist zugleich mein zweiter Kritikpunkt: Manche Informationen, die in dem Atlas enthalten sind, sind nicht nur überholt. Sie sind schlichtweg falsch. Und drittens: Der Pflegequotient, der Aufschluss über die Qualität der pflegerischen Patientenversorgung geben soll, ist völlig intransparent. Die Berechnungsgrundlage ist nicht nachzuvollziehen. Darüber hinaus erscheint mir eine solche Angabe, die sich jeweils auf ein gesamtes Krankenhaus bezieht, insgesamt fragwürdig. Denn sie lässt die Pflegequalität spezialisierter Bereiche außer Acht und gibt damit ein reichlich undifferenziertes Bild wider.

 

Der Klinik-Atlas sollte die Transparenz für Patientinnen und Patienten erhöhen. Erfüllt er diesen Anspruch?

Prof. Weyerbrock: In seiner jetzigen Form sicher nicht. Ich würde eher sagen, er trägt zur Verunsicherung bei.  Und er öffnet Fehlinterpretationen Tür und Tor.

 

Was lässt sich da falsch interpretieren?

Prof. Weyerbrock: Ich gebe Ihnen ein Beispiel, wie es in diesen Tagen in den Medien zu lesen war. In dem Artikel wurde angenommen, dass ein Patient in Franken einen Herzinfarkt erleidet. Anhand der vorhandenen Parameter kam der Autor zu dem Schluss, dass ein Krankenhaus in Unterfranken und eines am Rande des Frankenwaldes besonders gut für einen solchen Fall, für einen solchen Patienten aufgestellt seien. In Notsituationen hilft kein Atlas. Vielmehr ist es wichtig, dass die Patientin oder der Patient möglichst schnell in ein Krankenhaus kommt.

 

Ist der Klinik-Atlas noch zu retten?

Prof. Weyerbrock: Ich bin sehr für Transparenz und für eine gute, fundierte Patienteninformation. Ja, der Atlas wäre zu retten. Wenn die Daten aktualisiert, Fehler korrigiert und fokussierte Informationen zur Pflege gegeben wären, kann der Atlas eine Hilfe für Patientinnen und Patienten vor einem geplanten Eingriff oder einer geplanten Behandlung sein.   UK/31.05.2024

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Prof. Dr. Astrid Weyerbrock Ärztliche Direktorin der Klinikum Bayreuth GmbH