Darmkrebs abwenden und behandeln

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Jährlich sterben in Deutschland rund 26.000 Menschen an den Folgen einer Darmkrebserkrankung. Damit ist Darmkrebs die zweithäufigste Krebstodesursache. Und das, obwohl er beinahe zu 100 Prozent heilbar wäre, wenn er frühzeitig erkannt wird. Leider schieben viele Menschen Vorsorgeuntersuchungen immer wieder vor sich her oder gehen überhaupt nicht zur Vorsorgeuntersuchung. "Viele kommen erst, wenn der Befund schon fortgeschritten ist", sagt Dr. Oliver Ponsel, Direktor der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie und Leiter des Darmkrebs- und des Pankreaskarzinomzentrums der Klinikum Bayreuth GmbH.

Herr Dr. Ponsel, warum ist Vorsorge so wichtig?
Dr. Oliver Ponsel: Das Tückische an Darmkrebs ist, dass es keine charakteristischen Frühsymptome gibt. Wenn Beschwerden auftreten, kann die Tumorerkrankung schon fortgeschritten sein. Aber: Darmkrebs tritt nicht einfach so auf. Er entsteht aus Vorstufen, entwickelt sich meist verhältnismäßig langsam und überwiegend aus zunächst gutartigen Polypen im Darm. Diese können bereits bis zu zehn Jahre vor einer bösartigen Erkrankung im Darm vorhanden sein und mit Hilfe regelmäßiger Vorsorgeuntersuchen erkannt und entfernt werden - lange bevor sie bösartig werden.
Wann raten Sie Patientinnen und Patienten dazu, mit den Vorsorgeuntersuchungen zu beginnen?

Eine Darmspiegelung als Krebsvorsorgen wird Männern ab dem 50 Lebensjahr und Frauen ab dem 55. Lebensjahr empfohlen – und dann auch von den Krankenkassen übernommen. Ist diese unauffällig, sollte man sie im Abstand von zehn Jahren wiederholen. Zusätzlich besteht die Möglichkeit einer jährlichen Stuhluntersuchung, mit der man eventuelle Blutungen, ein Symptom für Darmkrebs, nachweisen kann.

Ist das nicht alles sehr spät?
Dazu sollte man wissen, dass das Risiko an Darmkrebs zu erkranken nimmt mit dem Alter drastisch zunimmt. Der Altersgipfel liegt im Bereich des 70. Lebensjahres. Nur etwa zehn Prozent erkranken vor dem 55. Lebensjahr. In diesen Fällen liegt dann meist eine familiäre Vorbelastung vor und bei erhöhtem Risiko übernehmen die Kassen die Vorsorge bereits in jüngeren Jahren.

Wie sieht die Vorsorgeuntersuchung aus?
Im Rahmen einer Darmspiegelung, der sogenannten Koloskopie, wird der Darm nach Veränderungen abgesucht und eventuell Gewebeproben entnommen. Diese Untersuchung wird ambulant vorgenommen und ist nicht schmerzhaft. Findet eine Ärztin oder ein Arzt bei der Spiegelung Polypen oder Adenome, die zu bösartigen Veränderungen führen könnten, werden diese in derselben Sitzung bereits entfernt und können keinen Schaden mehr anrichten.

Was Patientinnen und Patienten allerdings berücksichtigen sollten: Für die Untersuchung muss der Darm vollständig leer sein. Die Vorbereitung auf eine Darmspiegelung beginnt daher bereits am Abend  vor dem Termin. Das muss eingeplant werden. Das wird der Arzt mit der Patientin oder dem Patienten im Vorfeld aber genau besprechen. Für die Untersuchung selbst, die normalerweise nicht länger als 30 Minuten dauert, kann auf Wunsch auch ein Beruhigungsmittel gegeben werden. Unmittelbar nach der Untersuchung dürfen Patientinnen und Patienten nach Hause, sollten aber nicht selbst fahren

Das klingt dennoch unangenehm…
Unangenehm im Vergleich zu was? Eine Darmspiegelung ist nicht unangenehmer als ein Besuch beim Zahnarzt und in vielen Fällen deutlich weniger schmerzhaft. Und: Darmspiegelungen retten Leben. Es gibt kaum eine Vorsorgeuntersuchung, die mehr Chancen bietet, eine Krebserkrankung zu bekämpfen, bevor sie überhaupt entsteht. Leider nehmen diese Möglichkeit noch immer zu wenige Menschen wahr. Laut Studien lassen rund 58 Prozent der Menschen zwischen 55 und 65 Jahren eine Darmspiegelung machen. Das klingt zunächst gut. Aber etwa die Hälfte erhielt die Spiegelung aufgrund von Symptomen. Das relativiert die Zahl deutlich.

Wenn die Diagnose Krebs lautet, wie geht es dann weiter?
Dann werden wir als Ärzte in unserem durch die Deutsche Krebsgesellschaft zertifizierten Darmkrebszentrum aktiv. Hier arbeiten Spezialisten aus unterschiedlichen Fachbereichen zusammen, um für jeden Patienten die ideale Therapie zu finden. Chirurgen, Onkologen, Gastroenterologen, Strahlentherapeuten, Nuklearmediziner und Pathologen suchen in interdisziplinären Tumorkonferenzen gemeinsam nach der optimalen Therapie und setzen diese dann gemeinsam um.

Sie sind Chirurg – ist immer eine Operation nötig?
Ist der Tumor operabel, ist das die einzige Chance auf Heilung. Aber oft ist eine OP nicht ausreichend. Bei Mastdarmkrebs beispielsweise ist häufig eine Vorbehandlung mit einer Chemotherapie in Kombination mit Bestrahlungen notwendig. Erst dann folgt die Operation. Manchmal ist auch trotz einer Komplettentfernung des Dickdarmtumors eine Chemotherapie notwendig, zum Beispiel, wenn der Tumor schon in Lymphknoten gestreut hat.

 

Risikofaktoren:

  • Vorerkrankungen: Gesundheitliche Probleme wie Übergewicht oder entzündliche Erkrankungen des Darms wie Morbus Crohn oder Colitis Ulcerosa
  • Die Gene: Es gibt eine genetisch bedingte Veranlagung – sind bereits Fälle von Darmkrebs in der Familie aufgetreten, sollte bereits frühzeitig mit der Vorsorge begonnen werden
  • Lebensstil: Zu wenig Bewegung, Alkohol und Nikotin sind ebenso Risikofaktoren wie eine ungesunde Ernährung mit viel rotem Fleisch, wenig Gemüse und Ballaststoffen.
  • Das Alter: 90 Prozent der Darmkrebspatienten sind 50 Jahre oder älter. Das Risiko nimmt dabei mit den Lebensjahren deutlich zu.

Darmkrebs in Zahlen und Fakten:

In Deutschland leben rund 230.000 Männer und 250.000 Frauen mit Darmkrebs. Jährlich kommen rund 33.000 Männer und 26.000 Frauen dazu. Dem stehen rund 26.000 Sterbefälle gegenüber. Das zeigt: Die Heilungschancen stehen gut – und sie stünden noch einmal deutlich besser, wenn Vorsorgeuntersuchungen zuverlässiger wahrgenommen würden.

Die Klinikum Bayreuth GmbH kann in der Klinik für Gastroenterologie leider präventiv keine Magen- oder Darmspiegelungen als ambulante Leistung anbieten. Appelliert aber: Setzen Sie sich rechtzeitig mit Ihrer Hausärztin oder Ihrem Hausarzt in Verbindung und vereinbaren Sie vorausschauend einen Termin bei einem niedergelassenen Gastroenterologen.

 

 

 

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Dr. Oliver Ponsel, Direktor der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie und Leiter des Darm- und des Pankreaskarzinomzentrums der Klinikum Bayreuth GmbH.