„Ich möchte die Geriatrie auf einem modernen Weg begleiten“

Prof. Dr. Hans Jürgen Heppner, neuer Direktor der Klinik für Geriatrie an der Klinikum Bayreuth GmbH, über Ziele und Herausforderungen

Mit Univ.-Prof. Dr. Hans Jürgen Heppner begrüßt die Klinikum Bayreuth GmbH ihren neuen Direktor der Klinik für Geriatrie. Heppner ist gleichzeitig auch der erste extern berufene Professor für den Medizincampus Oberfranken. Für die Zukunft der Geriatrie hat er klare Ideen und Vorstellungen, die er in Bayreuth umsetzen und lehren möchte – und über die er in diesem Interview spricht.


Herr Prof. Dr. Heppner, warum haben Sie sich für die Klinikum Bayreuth GmbH entschieden?
„Der wichtigste Grund ist, dass es hier eine neue, ausgesprochen interessante Struktur entsteht. Die Klinikum Bayreuth GmbH wird mit dem Medizincampus akademisch, sie wird universitär. Mit jungen Menschen zu arbeiten, Entwicklungsarbeiten zu leisten, von Anfang an dabei zu sein und etwas zu gestalten, das macht Spaß. Es ist zwar eine große Herausforderung, wird mehr Arbeit sein, als wenn man irgendwo bleibt, wo man schon fest eingesessen ist. Aber wenn man bleibt, verliert man auch ein bisschen den Blick  für die Zukunft und  für das Neue.  Der zweite wichtige Grund ist die Geriatrie in Bayreuth, die schon 1986 als Modellklinik für Bayern etabliert wurde, also eine lange Tradition hat. Es ist schön, an so einem renommierten Haus arbeiten und die Geriatrie jetzt  auf dem modernen Weg begleiten zu dürfen. Und um ehrlich zu sein, es gibt auch persönliche Gründe. Ich freue mich, nach meinem Lernausflug nach Nordrheinwestfalen jetzt wieder in meine heimatliche Region zurück zu kommen.

Wie lange währte Ihr Lernausflug?
Ich war jetzt gut neun Jahre unterwegs. Im Sommer 2013 habe ich das Klinikum Nürnberg verlassen und bin dem Ruf der Universität Witten-Herdecke auf den Lehrstuhl für Geriatrie gefolgt. Dort war ich sowohl  für Studierende als auch für die akademische Geriatrie in Forschung und Lehre tätig. Ich habe viele Erfahrungen sammeln können, die ich sicherlich in Bayreuth umsetzen kann.  

Sie haben sich in den vergangenen Jahren stark bei Fachgesellschaften eingebracht…
Das ist ein wichtiger Punkt, um die Geriatrie jenseits von Krankenhäusern und Universität weiterzuentwickeln. Ich war Präsident der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie, bin jetzt Pastpräsident noch für ein Jahr. Ich hatte das Glück, wegen Corona drei Jahre im Amt zu sein, in dieser Zeit hat sich einiges verändert. Sie wissen vielleicht, dass die Unfallchirurgie und die Geriatrie seit längerem schon zusammenarbeiten und dass sich Zentren für Alterstraumatologie zertifizieren lassen können. Ich habe zu meiner Amtszeit angezettelt, dass es zukünftig nur noch ein Zertifikat in Deutschland geben wird. Das sorgt für Klarheit.

Was reizt Sie an der Geriatrie?
Ich bin gelernter Internist, Intensiv- und Notfallmediziner. Ich habe am Anfang auf einer Intensivstation gearbeitet, habe bisschen in die Notaufnahme reinschnuppern dürfen und habe festgestellt, dass alte Menschen gelegentlich im System benachteiligt werden. Zu dieser Zeit gab es ausschließlich Studien, bei denen teilnehmende Patientinnen und Patienten nicht älter als 60 Jahre sein durften und am besten vielleicht nur eine Krankheit haben durften. Das bildet das wahre Leben natürlich nicht ab. Wir haben viele Dinge geändert, Studien mit 80-Jährigen durchgeführt und haben gesehen: Es funktioniert auch. Das war mein Beweggrund zu sagen, ich möchte, dass ältere Menschen in ihrer Funktionalität und ihrer Alltagsbewältigung bleiben können. Dass sie in ihren eigenen vier Wänden wohnen und ihre Gesundheit sowohl akut wie auch in der chronischen Versorgung managen können. Gerade in den vergangenen zehn Jahren hat sich vieles getan, die Geriatrie wird zunehmend aktiv von anderen Fachdisziplinen angefragt. Ich möchte auch hier an der Klinikum Bayreuth GmbH andere Abteilungen etwas geriatrisieren. Der Patient kommt mit einem Akutereignis in die Klinik, ein gutes Beispiel ist der Herzinfarkt. Der Patient kommt in die Notaufnahme, bekommt die Diagnostik und trifft hier bereits einen Geriater in der Notaufnahme – auch etwas, das es im weiten Umkreis nur in Bayreuth gibt. Dann wird durch die Kardiologie hocheffektiv interveniert, der Patient bekommt seinen Herzkatheter, die Fachspezifität ist erledigt. Doch dann steht die Nachbeobachtung an und der Patient muss aktiv unterstützt werden. Das aber blockiert die Kernkompetenz der Kardiologen und der nächste Herzinfarkt-Patient steht schon vor der Tür. Ich glaube das muss man klar signalisieren: Ich bin kein Wegnehmer, sondern ein Platzschaffer.  

Alterstraumatologie scheint ein Bereich zu sein, den Sie ausbauen wollen. Was sind da Ihre Gedanken?
Ältere Menschen, die sich etwas gebrochen haben, werden an der Klinikum Bayreuth GmbH unfallchriurigisch versorgt – auch mit der Expertise, wie man mit älteren Menschen umgehen kann. Die Geriatrie hat sich auch bisher schon um diese Patienten gekümmert. Aber wir haben noch keinen standardisierten Ablaufplan, wir sind noch kein zertifiziertes Zentrum. Wir müssen Rettungskräfte schulen, damit sie wissen, wo sie eine qualifizierte Anlaufstelle finden. Das ist mir aus zwei Gründen wichtig: Zum einen werden die Fallzahlen zunehmen, immer häufiger passieren Freizeitunfälle mit Senioren. Zum anderen gibt es die gesetzliche Vorgabe, dass man zum Beispiel hüftnahe Frakturen ohne Geriatrie operieren, aber nichtmehr abrechnen können wird. Die Klinikum Bayreuth GmbH hat die Voraussetzungen für eine optimale Zusammenarbeit zwischen Unfallchirurgie und Geriatrie. Studien haben gezeigt, dass bundesweit  2000 Menschen weniger sterben, wenn man zusammenarbeitet. Menschen, die isoliert in Fachabteilungen versorgt werden, haben ein höheres Risiko zu versterben. Und da reden wir noch nicht über Funktionalität, also nicht über die, die nach der OP nicht mehr nach Hause können. Das ist eine noch viel größere Gruppe. Unser Ziel ist es, dass der Patient wieder dorthin kommt, wo er herkam. Dass er wieder Zuhause zurechtkommt, laufen kann, essen richten kann. Er wird sicherlich Unterstützung brauchen, aber auch das können wir sicherstellen. Es gibt ein Entlassmanagement und einen Sozialdienst, der sich um häusliche Unterstützung kümmert.  

Was sind Ihre ersten Ziele hier an der Klinikum Bayreuth GmbH?  
Die Tagesklinik sollte meiner Meinung nach zeitnah optimiert werden. Wir brauchen da eine bessere Struktur was Räume und Ausstattung angeht. Das Konzept der Tagesklinik ist sehr gut, der Patient ist tagsüber bei uns und wir können seine Versorgung übernehmen. Dazu muss er nicht stationär hier sein. Wir belassen dem Patienten ein gutes Stück Eigenverantwortlichkeit, versorgen ihn und ermöglichen soziale Kontakte. Es sind schon Kartenclubs und Freundschaften aus solchen tagesklinischen Aufenthalten entstanden. Verbesserungen in der Tagesklinik wären zudem ein klares Signal an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.


Zur Person: Prof. Dr. Hans Jürgen Heppner
Hans-Jürgen Heppner ist  58 Jahre alt. Geboren wurde er in Eschenbach, aufgewachsen ist er in Grafenwöhr. Nach dem Abitur verpflichtete er sich als Zeitsoldat bei der Bundeswehr. Dort absolvierte er eine Krankenpflege- und eine Rettungsdienstausbildung, war bei Auslandseinsätzen der Search-and-Rescue-Trupps, die als fliegende Lebensretter bezeichnet werden, dabei. Er studierte an der Friedrich Alexander Universität Erlangen Medizin, promovierte und habilitierte sich dort. 2013 folgte er einem Ruf an die Universität Witten-Herdecke.  
Heppner ist verheiratet, er hat eine Tochter und einen Sohn. In seiner Freizeit ist er oft als Notarzt unterwegs, neuerdings wieder im Raum Eschenbach. „Und wenn ich mich mal geärgert habe, dann schalte ich schon mal die Playstation an.“