Jetzt impfen: Die sieben besten Argumente

Die Inzidenzen sind niedrig, die Einschränkungen gelockert. Doch COVID 19 ist nicht vorbei. Der Pandemiebeauftragte der Klinikum Bayreuth GmbH, Dr. Thomas Bollinger sagt, warum die Impfverweigerer über ihre Haltung nachdenken sollten.

Warum ist die Impfbereitschaft so gering?

Dr. Thomas Bollinger, Pandemiebeauftragter und Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie an der Klinikum Bayreuth GmbH, differenziert.  „Zunächst müssen wir mal festhalten, dass die Wahrnehmung nicht stimmt. Viele Impfwillige sind bereits geimpft.“ Und: Experten haben mit der Drittelung gerechnet. Ein Drittel der Deutschen will unbedingt geimpft werden. Ein Drittel wahrscheinlich und ein Drittel eher oder sicher nicht. Zudem gibt es die Gruppe der unter Zwölfjährigen, die etwa zehn Prozent der Bevölkerung ausmacht und nicht geimpft werden darf, weil die Impfstoffe für sie noch nicht zugelassen sind. Das heißt im Klartext: „Jetzt der kommt schwerste Teil der Impfaktion“, sagt Bollinger. Jetzt müsste die Impfung der Skeptiker folgen. Gerade sie im Sommer und bei niedrigen Inzidenzen zu überzeugen, das ist doppelt schwer.

Womit lassen sich Zweifler überzeugen?
1.    Herbst und Winter kommen sicher und damit wird die Infektionszahl insbesondere in der Gruppe der Ungeimpften und der Nicht-COVID-19-Genesenen steigen.
2.    Aus den USA haben wir gelernt, dass in Gebieten mit niedriger Impfquote hohe Inzidenzen vorliegen. Das ist zwar keine sensationelle Erkenntnis, aber es beweist eines: Die verfügbaren Impfungen schützen.
3.    Ein Anstieg der Inzidenzen und der Zahl stationärer Patienten würde zu erneuten Beschränkungen führen, die uns alle und insbesondere unsere Wirtschaft treffen.
4.    Long-COVID trifft vorrangig jüngere Menschen.
5.    Auch Kinder haben COVID-19, meist gibt es keine schweren Verläufe. Aber Kinder sind von Long-COVID-19 betroffen. Bolliinger: „Ich denke, wir alle möchten unsere Kinder davor schützen.“
6.    Apropos Kinder. „Ich möchte, dass meine Kinder zur Schule gehen, denn Online-Unterricht ist kein Ersatz“, sagt der Facharzt und Familienvater.
7.    Es gibt auch Menschen, die aufgrund ihrer Erkrankung keine sicheren Immunschutz gegen COVID-19 aufbauen können. Diese Menschen kann nur eine Herdenimmunität schützen.

Was ist mit den Nebenwirkungen?
Jeder wägt Risiken ab und nichts anderes ist die Entscheidung für oder gegen eine Impfung. Zu welchem Ergebnis der Pandemiebeauftragte kommt, macht er mit einem Vergleich deutlich. „Wenn ich in Bayreuth an einer Brücke über die A9 stehe und auf die andere Seite der Autobahn möchte, habe ich prinzipiell zwei Möglichkeiten: Entweder ich nehme die Brücke oder ich gehe über die sechs Spuren der A9. Nicht impfen heißt über sechs Spuren zu gehen und zu argumentieren, auf der Brücke könne man angefahren werden, was natürlich stimmt. Wahrscheinlicher ist es aber, beim Überqueren einer sechsspurigen Autobahn angefahren zu werden.“ Mittlerweile liegen genügend Daten zur Häufigkeit von Impfnebenwirkungen vor. Bei mRNA-Impfstoff sind diese gering, aber es gibt sie. Bei AstraZeneca gab es selten schwere Nebenwirkungen und man hat europaweit umgehend Konsequenzen daraus gezogen. Für Bollinger zeigt dies, dass die deutschen und europäischen Behörden seriös und verantwortungsvoll mit Empfehlungen und Warnungen bezüglich eventueller Nebenwirkungen umgehen. „Für mich ist das eine beruhigende Erkenntnis, noch beruhigender ist, dass weltweit 3,5 Milliarden Impfungen stattgefunden haben. Das Argument mangelnder Erfahrungen mit COVID-19 Impfstoffen zieht also nicht.“


Was bleibt?
Es bleibt ein Appell: „Seien Sie rational und schenken Sie dubiosen Internetquellen und selbsternannten Experten keinen Glauben, sondern etablierten Gremien und Institutionen wie der Ständigen Impfkommission, dem RKI und dem Paul-Ehrlich-Institut“, sagt Dr. Thomas Bollinger.