Kommission Geburtshilfe hat Bericht vorgelegt

„Die Kommission Geburtshilfe und Kinderklinik hat Mängel und Versäumnisse, aber auch Potenziale für das künftige Miteinander aufgezeigt“, so Landrat Hermann Hübner.

Im Ergebnis bescheinigt die Kommission dem Perinatalzentrum der Bayreuther Klinikum GmbH hinsichtlich der Versorgung von Früh- und Neugeborenen, dass man sich dem Vergleich mit anderen Geburtskliniken nach den statistischen Werten durchaus stellen kann. So erblicken im Bayreuther Klinikum rund 1.200 Babys jährlich das Licht der Welt. „Um die Behandlungsqualität weiter auszubauen und ein Höchstmaß an Sicherheit zu gewährleisten, sind im Hause bereits konkrete Maßnahmen eingeleitet worden", betonte Geschäftsführer Dr. Haun.

Die Kommission war mit folgenden Mitgliedern besetzt:
Dr. Ulrich Megerle, Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe und Vorsitzender des Ärztlichen Bezirksverbandes Oberfranken, Privatdozent Dr. Nikos Fersis, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Prof. Dr. Thomas Rupprecht, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Dr. Wolfgang Pohl, Leitender Oberarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, und Angela Herold, Risikoberaterin, RGB Gesellschaft für Risikoberatung mbH. Weitere zusätzliche externe Experten wurden zu Einzelfragen hinzugezogen. Es fanden mehrere Sitzungen in den letzten Wochen statt, um die Fragestellungen aufzuarbeiten.

Wie Vorsitzender Dr. Megerle zum Untersuchungsbericht betont, habe das Klinikum in der Geburtshilfe keine signifikanten Abweichungen im Vergleich zu den vorliegenden Daten der Perinatalstatistik anderer Kliniken. Die vereinzelten Abweichungen und Differenzen ließen keine Auswirkungen auf die Behandlungsergebnisse für Mutter und Kind erkennen. Im Bericht wird festgestellt, dass das Klinikum Bayreuth bereits 2012 aufgrund einer externen Risikobewertung, einen Veränderungsprozess eingeleitet und Maßnahmen weitgehend umgesetzt hat.

Die Kommissionsmitglieder sehen allerdings deutlichen Nachbesserungsbedarf in der Kommunikation und Dokumentation der Prozesse sowie der Abstimmung zwischen den Ärzten der Gynäkologie und Geburtshilfe sowie der Kinder- und Jugendmedizin. Die im „Spiegel"-Artikel dargestellte Problematik der notwendigen Regelung der Anwesenheit eines Kinderarztes bei Frühgeburten im Zeitraum zwischen der 24. und 34. Schwangerschaftswoche, so der Kommissionsbericht, betrifft hauptsächlich weiter zurückliegende Zeiträume. Wie festgestellt wird, liegen seit 2013 diese Werte im Normbereich von rund 92 Prozent aller Fälle, allerdings beträgt der Mittelwert der bayerischen Perinatalzentren 96 Prozent. Das ist die künftige Vorgabe. Auch hinsichtlich der erforderlichen Kontrolluntersuchungen der Nabelarterien bei Neugeborenen lag das Klinikum bisher mit rund 93 Prozent nicht beim Optimalwert von 100 Prozent. Dies ist allerdings zwischenzeitlich abgestellt worden. So sind jetzt eindeutige Sprachregelungen nach den Empfehlungen der Kommission festgelegt und eine pädiatrische Notfallnummer eingerichtet worden. Regelmäßige Auswertungen der Notfalleinsätze optimieren diese Prozesse nachhaltig.
Die Kommission bemängelte, dass der kollegiale Dialog zwischen dem Team der Geburtshilfe und den Kinderärzten nicht ausreichend stattgefunden hatte. Regelmäßige interne Besprechungen sollen dem fachlichen Austausch zukünftig den entsprechenden Raum geben. Geburtshelfer führen jetzt interne Fallbesprechungen durch. Darüber hinaus holen die Bayreuther Mediziner verstärkt mittels Videokonferenz die Expertisen der Fachkollegen des Perinatalzentrums Nordfranken ein. Zur Stärkung des Geburtshelferteams sind zwei zusätzliche Arztstellen in der Anästhesie eingerichtet worden, die insbesondere Teilnarkosen im Kreißsaal durchführen. Diese sogenannte Periduralanästhesie lindert die Geburtsschmerzen. Außerdem stellte die Kommission fest, dass die Kapazität des Blutanalysegerätes im Kreißsaal den gewachsenen Ansprüchen nicht mehr genügte. Ein neues Gerät wurde bereits beschafft und das Personal geschult.
Bis zum Jahresende, so der Auftrag der Klinikleitung aufgrund der aufgezeigten Mängel, ist im Fachbereich Geburtshilfe die Dokumentation aller Prozesse, Leitlinien sowie der Patientenunterlagen in neue differenziertere Dokumentationsstandards zu überführen. Dadurch soll auch für Klarheit im Miteinander zwischen Geburts- und Kinderklinik gesorgt werden. Zusätzlich regelmäßige Prozesstrainings und Simulationsübungen sollen in Zukunft außerdem für eine optimalere Zusammenarbeit der Fachdisziplinen im Perinatalzentrum sorgen.

Zu den im Bericht des Nachrichtenmagazins „Spiegel" vom 4. August genannten vier Fällen, in denen ein Baby gestorben und drei nach der Geburt schwerbehindert waren, hat die Kommission von Anfang an klar festgestellt, dass eine interne Fallrecherche nicht durchgeführt werden kann. „Aufgrund der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen können wir hier nicht tätig werden", so Vorsitzender Dr. Megerle. Außerdem liegen der Kommission nicht die vollständigen Akten der vier Fälle vor.
„Der Aufsichtsrat hat Wert darauf gelegt", so Landrat Hermann Hübner und Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe, „dass die erhobenen Vorwürfe möglichst rasch, transparent und gründlich aufgeklärt werden. Staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen können natürlich weder die Kommission noch wir vorgreifen." Die Tatsache, dass die gesamte Organisation und Kommunikation zwischen den beiden Klinikabteilungen auf den Prüfstand gestellt wurde und eine ganze Reihe von Empfehlungen der Kommission vorliegen und zum Teil bereits eingeleitet oder umgesetzt sind, sei ein positives Signal für den Neustart, um die Qualität der medizinischen Versorgung in unserem Klinikum der höchsten Versorgungsstufe weiter auszubauen. "Für die gründliche und zügige Aufklärungsarbeit gebührt der Kommission ausdrücklicher Dank", betonen Hübner und Merk-Erbe abschließend.

Fünf Personen sitzen an einem Tisch in einem Konferenzraum. Zwei Personen tragen Anzüge. Auf dem Tisch stehen Wasserflaschen und Ordner. Die Atmosphäre wirkt förmlich und geschäftlich, möglicherweise handelt es sich um eine Besprechung oder ein Gremium.