Schwerpunktbezeichnung Spezielle Geburtshilfe/Perinatologie

| Frauenklinik Perinatalzentrum - Geburtshilfe 

Dr. Agne Ozalinskaite, Oberärztin an der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe der Klinikum Bayreuth GmbH, hat jetzt die Schwerpunktbezeichnung Spezielle Geburtshilfe/Perinatologie erhalten. Dies setzt eine mindestens 36-monatige Ausbildung in der Geburtshilfe nach der Facharztanerkennung voraus. Während dieser Zeit hat Dr. Ozalinskaite besonders auch die Risiko- und Mehrlingsschwangerschaften betreut. Zudem hat sie Patientinnen mit Präeklampsie, also mit Schwangerschaftsvergiftungen, und mit Diabetes behandelt. Und sie hat Patientinnen auch während der Entbindung begleitet, hat mit manchen von ihnen schwierige Situationen und Komplikationen wie Blutungen, Steißlagenentbindungen oder Schulterdystokie, bei denen die Schulter des Kindes den Geburtsfortschritt verhindert, bewältigt. Frank Schmälzle, Leiter der Unternehmenskommunikation, hat sie interviewt.

Sie haben die Zusatzbezeichnung „Spezielle Geburtshilfe“ erworben. Was genau bedeutet das?

Dr. med. Agne Ozalinskaite: Diese Zusatzbezeichnung zu bekommen, setzt eine mindestens 36-monatige Erfahrung in der Geburtshilfe voraus. Während dieser Zeit habe ich auch die Risiko- und Mehrlingsschwangerschaften betreut. Zudem habe ich Patientinnen mit Präeklampsie, also mit Schwangerschaftsvergiftungen, und mit Diabetes behandelt. Und natürlich habe ich meine Patientinnen auch während der Entbindung begleitet, habe mit manchen von ihnen Komplikationen wie Steißlagen oder Schulterdystokie, bei denen die Schulter des Kindes  den Geburtsfortschritt verhindert, bewältigt.

Wie häufig treten Risikoschwangerschaften auf und welche Risiken sind die gravierendsten?

Dr. med. Agne Ozalinskaite: In fünf bis zehn Prozent der Schwangerschaften treten Präeklampsien auf, damit haben wir fast jeden Tag zu tun. In etwa in derselben Häufigkeit kommt es zu Schwangerschafts-Diabetes. Fehlbildungen sind dagegen eher selten.

Welche Folgen können auftreten?

Dr. med. Agne Ozalinskaite: Schwangerschafts-Diabetes schädigt beide – Mutter und Kind. Das Kind kann zu groß werden, was wiederum zu Komplikationen bei der Entbindung führen kann. Zudem besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass diese Kinder später an Herzerkrankungen oder eben an Diabetes leiden. Und auch für die Mutter erhöht sich das Risiko, über die Schwangerschaft hinaus an Diabetes zu erkranken. Die Schwangerschaftsvergiftung betrifft die Mutter. Zumeist sind mehrere Organe geschädigt – häufig Leber, Nieren und das Gefäß- oder Zentrale Nervensystem. Wir unterscheiden leichte und schwere Vergiftungen. Bei den leichteren Verläufen erreichen wir in der Regel die 37ste oder 38ste Schwangerschaftswoche, also keine Frühgeburt. Bei schweren Vergiftungen muss man allerdings zügig entbinden.

Wie können Sie solche Risiken diagnostizieren?

Dr. med. Agne Ozalinskaite: Die niedergelassenen Gynäkologinnen und Gynäkologen achten sehr auf ihre Patientinnen und machen regelmäßig Zuckertests. Wenn die Ergebnisse auffällig sind, stellen die Kolleginnen und Kollegen ihre Patientin bei uns vor. Manchmal haben die Patientinnen Symptome wie Bluthochdruck oder Eiweiß im Urin. Andere Symptome sind Übelkeit, Kopfschmerzen, Oberbauchschmerzen oder Augenflimmern. Zu unseren Aufgaben gehört es, die individuellen Risikofaktoren der Mutter zu sehen und zu bewerten.

Ist eine Therapie bereits während der Schwangerschaft möglich?

Dr. med. Agne Ozalinskaite: Ja, ein Beispiel wäre die Gabe von Aspirin bei einer Schwangerschaftsvergiftung. Damit lässt sich das Risiko um bis zu 70 Prozent senken.

Wir sprechen gerade viel von Risiken. Die meisten Schwangerschaften verlaufen aber doch reibungslos. Oder?

Dr. med. Agne Ozalinskaite: Ich stimme mit vielen Frauenärztinnen und Frauenärzten überein, dass Schwangerschaft keine Krankheit sondern ein physiologischer Zustand ist. Es gibt aber diesen kleinen Anteil an Frauen, die Unterstützung brauchen. Heutzutage ist es auch wichtig, wie die Frau entbindet. Wir legen viel Wert darauf, dass die Entbindung kein traumatisierendes Erlebnis ist, dass sie schön verläuft. Und auch Risikoschwangerschaften können schön verlaufen. Wir wollen den Menschen nahe sein.

Sie und Ihr Team sind wichtiger Bestandteil des Perinatalzentrums Level I am Klinikum. Was macht dieses Zentrum aus und welche Vorteile bietet es?

Dr. med. Agne Ozalinskaite: Ich glaube, für Mütter ist die Erfahrung wichtig, dass ihre Komplikation kein Einzelfall ist. Und dass sie von Ärztinnen und Ärzten betreut wird, die praktische Erfahrung im Umgang mit Risiken haben. Wenn man solche Fälle regelmäßig betreut, entwickelt man ein Bauchgefühl dafür, was weiter geschehen kann oder wird. Dazu kommt das Netzwerk, das ein Perinatalzentrum bietet. Wenn wir beim Thema Schwangerschafts-Diabetes bleiben wollen: Gar nicht so selten kommen in diesen Fällen Kinder mit Unterzuckerung zur Welt. Dann ist es ein großer Vorteil, auf eine enge Zusammenarbeit mit der Kinderklinik zurückgreifen zu können. In einem Perinatalzentrum Level I sind alle schwangeren Frauen an der richtigen Adresse, weil es die größtmögliche Sicherheit durch interdisziplinäre Zusammenarbeit bietet.

Sie strahlen aus, dass Sie Ihren Beruf mit Begeisterung und Engagement machen. Was motiviert Sie persönlich?

Dr. med. Agne Ozalinskaite: Meine eigenen Kinder. Ich glaube, durch meine Schwangerschaften habe ich ein noch tieferes Verständnis für die Frauen entwickelt.

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