Wegweiser durch das Gehirn

Erstellt von Xenia Pusch || Neurochirurgie Neurochirurgie 

Geringeres Risiko, mehr Sicherheit, große Chancen: Neues Verfahren hilft Neurochirurgen bei der Operationsplanung

Es ist ein wenig wie Google Maps: nTMS heißt ein neues System, das gerade in der Klinik für Neurochirurgie an der Klinik Hohe Warte etabliert wird. Die Abkürzung steht für navigierte transkranielle Magnetstimulation. Mit deren Hilfe erstellen Neurochirurgen individuell für jede Patientin und jeden Patienten vor einer Hirnoperation eine detaillierte Landkarte des Gehirns und lokalisieren millimetergenau, wo sich welche für die OP relevanten funktionellen Hirnareale befinden. „Operationen lassen sich auf Basis dieser Informationen deutlich sicherer und vorausschauender planen“, sagt Prof. Dr. Stefan Linsler, seit Jahresbeginn neuer Direktor der Klinik für Neurochirurgie an der Klinik Hohe Warte und Professor für Neurochirurgie am Medizincampus Oberfranken.

Mehr Sicherheit bei OP am Gehirn

Linsler kennt diese neue Methode bereits und hatte sich die Möglichkeit für Bayreuth ausdrücklich gewünscht, weil es mehr Sicherheit bedeutet. Für Patientinnen und Patienten. Aber auch für sein gesamtes Operationsteam. „Mithilfe der nTMS können wir Aktivitätszentren für Sprachen oder bestimmte motorische Fähigkeiten im Gehirn millimetergenau lokalisieren – und das bei jedem Patienten und jeder Patientin individuell“, sagt der Klinikdirektor. Ohne einen einzigen Schnitt zu setzen wissen die Chirurgen exakt, welche Areale sie meiden müssen.

Wie wichtig das werden kann, veranschaulicht Linsler am Beispiel von Tumorerkrankungen: „Durch den Tumor kommt es unter Umständen zu einer Verschiebung einzelner Areale im Gehirn. Aktivitätszentren sind dann nicht mehr genau dort, wo wir sie vermuten. Mittels der nTMS Methode können wir diese Zenten bereits vor der OP wieder exakt lokalisieren.“ Durch eine Magnetspule, die von außen auf den Kopf aufgesetzt wird, werden Nervenzellen gezielt stimuliert. Anhand der Reaktion – oder deren Fehlen, weiß Linsler, ob er richtig ist. Wenn nicht, wird versetzt und ein neuer Impuls gesendet.

Gehirn-Op wach? Die Zahl lässt sich reduzieren

Gefundene Punkte werden auf einer vorab gemachten MRT-Aufnahme exakt markiert. Diese bildet die Grundlage für die anstehende Operation. „Auf Basis dieser Daten können wir Risiken im Vorfeld deutlich besser einschätzen, sie mit den Patientinnen und Patienten ausführlich besprechen und uns den besten Weg zum Tumor suchen, bevor wir den ersten Schnitt setzen“, sagt Linsler. Bisher sammelte der Neurochirurg oder die -chirurgin diese Informationen meist unmittelbar bei der Operation. Um Reaktionen abfragen zu können, musste die Patientinnen und Patienten dabei häufig wach sein. Nicht nur für das OP-Team, sondern vor allem auch für Patientinnen und Patienten eine enorme Anstrengung und psychische Belastung. „Wach-Operationen lassen sich dank dieser Methode künftig auf ein Minimum reduzieren“, erklärt der Neurochirurg.


Was zusätzlich Hoffnung gib: Dank der millimetergenauen Lokalisierung der Aktivitätszentren lassen sich unter Umständen auch Tumore operieren, die sonst als inoperabel eingestuft würden.

Und damit seien die Chancen vermutlich noch nicht ausgeschöpft, ist sich Prof. Linsler sicher. Im Moment ist es noch Zukunftsmusik. Aber es zeichnet sich die Möglichkeit ab, dass mithilfe der nTMS gezielt Stimuli im Gehirn gesetzt werden könnten, um Fähigkeiten an neuer Stelle im Gehirn zu verorten, bevor sie verlorengehen. „Würde das Realität, ergäben sich daraus enorme Möglichkeiten in der Behandlung – neurochirurgisch und neurologisch“, sagt Linsler.  

 

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Prof. Dr. Stefan Linsler ist Direktor der Klinik für Neurochirurgie an der Klinikum Bayreuth GmbH.

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