Wunderdrogen gegen Krebs?

| Pneumologie 

Chefarzt Dr. Claus Steppert liefert Fakten in einer emotionalen Debatte

Methadon: Vor zehn Jahren hatte die Chemikerin Dr. Claudia Friesen festgestellt, dass Methadon das Wachstum von Leukämiezellen hemmt. Und sie konnte zeigen, dass diese Substanz die Wirkung einer herkömmlichen Chemotherapie bei bösartigem Hirntumor erhöhen kann. Der Haken daran: „Es waren Untersuchungen an Zellen im Reagenzglas“, sagt Dr. Steppert.

Neue Brisanz bekommt die Diskussion jetzt durch eine Studie an Patienten mit bösartigen Hirntumoren. Diese Studie sollte die Sicherheit der Substanz bei Hirntumor-Patienten zeigen, denn  in Studien aus den USA war bei Schmerzpatienten und Methadon eine um 46 Prozent erhöhte Sterblichkeit gegenüber einer Behandlung mit Morphintabletten gezeigt worden. Und auch hier gibt es einen Haken: „Eine Wirksamkeit auf die Hirntumore kann man bei insgesamt nur 27 behandelten Patienten mit unterschiedlicher Begleitbehandlung und unterschiedlichen Stadien nicht seriös ableiten“, sagt Dr. Steppert.

Dennoch liefern sich Befürworter und Gegner des Einsatzes von Methadon gegen Krebs seither eine hoch emotionale Diskussion. Dr. Claus Steppert: „Leider gibt es keine kontrollierten Studien am Menschen.“ In Israel werde Methadon breit zum Opiatentzug eingesetzt. In einer Registerstudie habe sich aber kein Anhalt darauf ergeben, dass Patienten, die Methadon einnehmen, weniger Krebs entwickeln, als in dieser Gruppe zu erwarten wäre. Auch beim Vergleich von Methadon zu anderen Opiaten gegen Tumorschmerzen finde sich kein Hinweis auf eine besondere Wirksamkeit gegen Krebs.

Dr. Stepperts Fazit. „Die Zellkultur- Daten von Frau Dr. Friesen sind hoch interessant“, sagt Dr. Steppert. „Sie sollten im Rahmen von kontrollierten Studien überprüft werden.“  Aber: Die Wirkdauer von Methadon ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. „Bei unkritischer Anwendung sind Überdosierungen zu erwarten, die bis zum Tod des Patienten führen können. Deshalb rate ich von einem breiten Einsatz als Krebstherapie ab.“

 

Cannabis: Forscher haben in ihren Arbeiten auch für Cannabis Wirkungen gegen Krebs beschrieben. An Nacktmäusen haben sie eine Verminderung des Tumorwachstums nachgewiesen. Nacktmäuse eignen sich für solche Tests besonders, weil sich ihnen gut menschliche Tumorzellen transplantieren lassen. Am Menschen haben bislang nur wenige Untersuchungen stattgefunden. Die Ergebnisse: Bei Patienten, die THC zu sich nahmen, kam es zu einer Unterdrückung des Immunsystems. Auswirkungen auf den bösartigen Hirntumor  haben sich nicht ergeben. THC ist der Hauptbestandteil von Cannabis.

Im Vergleich zu „normalen“ Mitteln gegen Übelkeit und Erbrechen zeigen THC und Cannabidiol keine wesentlichen Unterschiede, auch die Appetitsteigerung ist nicht besser als beim Einsatz von etablierten Medikamenten. Jedoch berichten mehr Patienten, die  Cannabis- Präparaten zu sich nehmen, über Müdigkeit, Hochstimmung, Halluzinationen und Schwindel. Gerade die psychischen Auswirkungen führten aber in einer britischen Untersuchung zu einer Bevorzugung von Cannabis gegenüber etablierten Mitteln gegen Übelkeit.

Dr. Stepperts Fazit: „Die krebshemmende Wirkung von Cannabis ist fraglich. Aber Cannabis kann die Übelkeit hemmen und den Appetit steigern. Voraussetzung ist entsprechende Vorsicht, wenn eine ausreichende Kontrolle mit etablierten Substanzen nicht möglich ist. Aber nicht jeder Patient wird in gleichem Maß auf Cannabis reagieren.“

 

Stichwort Methadon

Methadon wurde 1937 in Hoechst erstmals synthetisch hergestellt. Es handelt sich um eine Morphin- ähnlich wirkende Substanz, deren schmerzstillende Wirkung 1942 erstmals beschrieben wurde. 1945 wurde der linksdrehende Bestandteil als L-Polamidon von Hoechst zur Behandlung starker Schmerzen zugelassen. Gleichzeitig wurde die Mischung aus links und rechtsdrehendem Methadon in den USA zugelassen. Seit 1965 wurde Methadon dort zunehmend im Heroinentzug eingesetzt und ist hierzu auch in Europa in Gebrauch.

Zurück
Dr_Steppert__Claus-0667.jpg

Dr. Claus Steppert